Die Geschichte vom Sein - Band 1 - Musterkapitel 2

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Der Beginn eines außergewöhnlichen Leben

 

Herrn Jürgens Blick war weiterhin in die Ferne gerichtet. Auch wenn ich der Meinung war, dass er mich gar nicht wahrnehmen würde, meinte er zu mir: „Ich empfinde, dass es ein guter Moment ist, mich an den Beginn meines Leben zu erinnern. Wenn sie einverstanden und bereit sind, werde ich ihnen heute den ersten Teil davon berichten.“


Mein Hauptgepäck war zwar noch im Auto, aber mein Aufnahmegerät hatte ich zum Glück im Handgepäck mitgenommen. Da ich verstanden hatte, dass Herr Jürgens mir schon heute den ersten Teil aus seinem Leben berichten würde, nahm ich das Aufnahmegerät aus der Tasche und stellte es auf den Tisch. Ich nickte Herrn Jürgens zu, schaltete mein Aufnahmegerät ein und war gespannt auf das, was mir Herr Jürgens erstmalig aus seinem Leben berichten würde.


Herr Jürgens hatte mein Zeichen verstanden und fing an zu erzählen: „Dies ist die Lebensgeschichte eines außergewöhnlichen und fantastischen Lebens. Es ist die Geschichte meines Lebens und ...


... der Beginn eines außergewöhnlichen Leben


Ich wurde im Monat November in einem kleinen Dorf mit Namen „Vollmerz“ in der Region „Rhön“ in Mitteldeutschland geboren. Meine Eltern gaben mir den Namen Christoph. Wohl deshalb, weil meine Eltern eine engere christliche Einstellung im Leben hatten.


Ich war das erste und einzige Kind und wuchs somit als Einzelkind auf. Vielleicht war es schon Vorbestimmung, das ich als einziges Kind in dieser Familie geboren wurde. Fest steht, dass meine Eltern schon bei der Geburt erkannten, dass sie ein besonderes Kind in ihren Armen hielten. Wie besonders, und anders als andere Menschen, ihr kleiner Sohn einmal werden würde, konnten sie sicherlich nicht erahnen – und vielleicht wäre ihnen das auch unter den Gegebenheiten ihres bescheidenen und einfachen Lebens nicht recht gewesen.


So wuchs ich den ersten Jahren als ganz normaler Junge in einer ganz normalen Familie mit einer normalen Umgebung auf. Nur hin und wieder ereigneten sich kleinere und weniger bedeutsamere Situationen und Ereignisse, die meine Eltern manchmal mit Verwunderung und manchmal auch Sorge wahrnahmen – so wurde es mir in meinem späteren Leben von meinen Eltern berichtet. So berichteten meine Eltern mir, dass ich schon immer neugierig und wissensdurstig war und einen besonders ausgeprägten Sinn für alles „Neue“ und „Andersartige“ hatte. Ich überraschte ich meine Eltern mit immer eigenartigeren Fragen, wie: Woher bin ich gekommen, was ist der Sinn und Zweck meines Leben, warum muss ich so lange zur Schule gehen und ein Leben lang arbeiten, warum sterben wir und was passiert danach mit mir - und Aussagen wie: Wenn ich groß bin, möchte ich kein solches Leben führen, wie ihr und all die Menschen dies tun.


Diese Gespräche und Unterhaltungen mit mir waren sehr anstrengend für meine Eltern, zumal sie gute Absichten mit ihrer Erziehung verfolgten. In solchen Momenten, fragten sich meine Eltern: „Was wird nur aus unserem Jungen, haben wir in unserer Erziehung etwas falsch gemacht?“


Im Alter von sechs Jahren wurde ich wie alle anderen Kinder eingeschult. Ich bemühte mich, soweit mir dies gelang, ein möglichst unauffälliger und lernwilliger Schüler zu sein, wobei das Lernen mir nicht leicht viel. Es wollte sich bei mir einfach kein rechtes Interesse für die Schule und dem Lernen der allgemeinen Lernfächer einstellen. Die Versetzung in ein weiteres Schuljahr war häufig gefährdet und wurde nur mit intensiver Unterstützung meiner Mutter - die nachmittags nach der Schule mit mir übte - erreicht. Den einzigen Lehrunterricht, den ich problemlos folgen konnte - weil es der für mich Interessanteste war - war der Religionsunterricht.


In diesem Lernfach lauschte ich wissensdurstig und intensiv den Vorträgen des Lehrers und erwartete von ihm voller Ungeduld die großen Erkenntnisse und Erleuchtungen über das Leben. So stand für mich über allen Fragen, die Fragen: „Woher komme ich, warum bin ich hier (welchen Zweck erfüllt mein Leben) und wohin gehe ich“. Abgesehen vom Religionsunterricht, wurde in keinem der gelehrten Fächer auch nur annährend diese Fragen angesprochen und erst recht nicht beantwortet. So war es auch nicht verwunderlich, dass mich die üblicherweise in der Schule gelehrten Fächer und Bereiche – die als Grundlage für ein bis dahin bestimmtes Leben der Menschen und Ausübung diverser Berufe diente – mich nicht sonderlich interessierten und ich in der Schule gerade so zurecht kam.


Nun gab es ja noch neben den normalen Fächern den Religionsunterricht und den Gottesdienst in der Kirche – den ich jeden Sonntag mit meinen Eltern besuchte (wie eingangs erwähnt, waren meine Eltern sehr gläubig und ebenfalls christlich erzogen).


So sehr ich mich auch bemühte, auch hier bekam ich nicht ausreichend meine Fragen beantwortet. Obwohl mir das eine und andere Gehörte schon gefiel – so fand ich insbesondere Interesse an den Lebensweg „Jesus“. Als Ergänzung zu der mir übermittelten christlichen Lehre las ich intensiv in der „Heiligen Schrift“ und suchte dort nach weiteren befriedigenden Antworten. Auch hier faszinierten mich das Leben und die Handlungen Jesu. Wenn es also einen ersten Schlüssel als Öffner der Türen zur Beantwortung meiner Fragen gab, hatte ich ihn hier gefunden. Ich empfand eine tiefe Übereinstimmung meines Lebens mit dem Leben Jesu.


Während der Nachmittagsstunden, wenn meine Mutter mit mir für die Schule lernte, unterhielt ich mich gerne mit meiner Mutter über den Glauben, über Gott und über Jesus. Als ich zehn Jahre alt war, sprach ich einmal wieder - wie so oft in den vergangenen Jahren - mit seiner Mutter über die Religion, über Gott und Jesus. „Weist du Mutter“, sagte ich nachdenklich und zaghaft, „auch ich bin Gottes Sohn!“


Meine Mutter, die während des Gespräches mit dem Abwaschen von Geschirr beschäftigt gewesen war, war zu Tode erschrocken und ließ vor Schreck eine Tasse fallen, die auf dem Boden zersprang. Sie hörte augenblicklich auf mit dem Abwaschen und schaute mich kreidebleich an, in dem sie sagte: „Aber Junge - was sagst du da bloß? Was hat dich nur dazu bewogen, so etwas zu denken? Ich bin entsetzt, dass du so etwas Anmaßendes aussprechen magst!“ In ihrer Erschrockenheit und Verzweiflung der Situation, verließ sie ohne weitere Worte das Zimmer.


Ich blieb für einen Moment wie erstart im Zimmer stehen - und war fassungslos, aber auch ebenso verzweifelt, über die Reaktion meiner Mutter. Das hatte ich damit nicht auslösen wollen.


Es vergingen einige Wochen, bis eines Tages meine Mutter und mein Vater mich zu einer Unterredung baten. „Mein Junge“, begann mein Vater stockend und sichtlich aufgeregt das Gespräch, „wir möchten mit dir noch einmal über das sprechen, was du vor einigen Wochen deiner Mutter gesagt hast!“ Erwartungsvoll schaute er mich an und sprach weiter: „Ich nehme an, dass du das nicht so gemeint hast - mit dem, auch du seist Gottes Sohn.“


Ich überlegte einen Moment, was ich sagen sollte? - und sagte dann schließlich aus tiefer Überzeugung: „Liebe Mutter und lieber Vater, ich kann nicht anders - da es meiner innerer Überzeugung und der Wahrheit entspricht -, als zu wiederholen, was ich gesagt habe: auch ich bin Gottes Sohn!“


Mein Vater war sprachlos und schaute fragend meine Mutter an - die dazu nichts sagte - und schaute dann wieder mich an: „Deine Mutter und ich wissen nicht, wie wir mit dieser Aussage umgehen sollen, Christoph! - Also werden wir vorerst nicht mehr über dieses Thema sprechen.“


Da ich nun wusste, wir sehr meinen Eltern diese Aussage nicht gefiel, vermied ich es weiterhin über dieses Thema mit meinen Eltern zu sprechen – und da es ohnehin ein unangenehmes Thema für meine Eltern war, vermieden sie es ebenso mit mir noch einmal über das Thema zu sprechen.


Dennoch entsprach diese „meine Aussage“ darüber „wer-ich-bin“ meiner tiefen Erkenntnis und sollte ab dem Zeitpunkt meinen weiteren Lebensweg prägen - ohne es da schon zu wissen -, und für mein Tun und Wirken stehen. Auch entsprach es zu dem Zeitpunkt meinem Bewusstsein, dass die Kirche nicht eindeutig den wahren göttlichen Weg ging und ihn somit auch nicht lehrte – also musste ich diesen Weg alleine finden und gehen. Da ich schon immer ein tiefes inneres Verhältnis zu Gott hergestellt hatte, wurde mir intuitiv klar, dass mein Weg „der Weg nach innen“ sein würde – womit ich mir selbst bestätigte: „Wenn ich nicht nach innen gehe, gehe ich letztlich leer aus.“


Die Menschen hatten keine Antworten. Sie hatten schon deshalb keine, weil sie sich mit der menschlichen Institution - genannt „Religion“ – und der damit ebenso von Menschen geschaffenen Lehre, zufriedengaben. Dies war eines der Gründe, warum es keine weitere Entwicklung für den Menschen gab. Hinzu kam noch das von Menschen geschaffene Bewusstsein des materiellen Denkens und Handelns. Es ging den Menschen immer schon mehr um „das Haben“ und weniger um „das Sein“.

Ich wollte und konnte mich nicht damit abfinden – für mich war ein anderer Weg vorgezeichnet. Und diese für mich nicht leichte Feststellung wurde mir in einem Alter bewusst, wo ich gerade erst fünfzehn Jahre alt war und vor der Entscheidung stand, mir einen „normalen Beruf“ zu erwählen und zu erlernen. Ich hatte die Schule - in Anbetracht meines mangelnden Verständnisses für die Lehren der Schule - dennoch mit durchschnittlichen Noten abgeschlossen und bestanden. Damit brachte ich normale Voraussetzungen für ein „normales Leben“ mit. Das war zumindest das Bewusstsein der „normal denkenden Lehrer und mir anvertrauten Menschen“ und somit auch meiner Eltern. Sofern dieser Anspruch auch an mich gerichtet wurde – und das wurde er – musste ich meine Lehrer und auch meine Eltern enttäuschen.


Da ich noch immer nach den wichtigsten Antworten im Bezug zu meinem Leben suchte, konnte ich nicht den üblichen Weg der Menschen gehen (der nur nach materiellem „Haben“ ausgerichtet ist) – dies wurde mir durch mein tieferes Bewusstsein klar und entschied ich mich nun eindeutig für meinen Weg:


Ich begab mich auf den Weg des „Sein“ - und beschritt damit ein aufregendes und manchmal abenteuerliches Leben.

 

 

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